8. Januar – Das tägliche Leben in Honduras

Und schon sind wir im letzten Monat dieses Jahres! Die honduranische Präsidentin und ihr Team haben sich vorgenommen, mit härteren Strafen gegen die weit verbreiteten Gangs vor zu gehen. Diese Gangs beherrschen viele Stadtgebiete in den grossen Städten und immer mehr dehnen sie sich auch in ländliche Gebiete aus. Erpressung und Drogen sind ihr grösstes Geschäft. Auch rivalisieren sich die verschiedenen Gang-Gruppen untereinander und sind häufig gewalttätig. Nun hat die Regierung entschlossen, das System aus El Salvador zu kopieren: eine starke Militär-Präsenz in diesen Stadtgebieten zu stellen und alle verdächtigen Gang-Mitglieder fest zu nehmen. In El Salvador ist diese Vorgehendweise stark umstritten, denn es passierten viele Menschenrechtsverletzungen und viele unschuldige junge Männer wurden festgenommen. Hoffentlich wird die Honduranische Regierung gewissenhafter und koordinierter vorgehen.

Ein weiteres, immer grösser werdendes Problem ist der Verkehr in der Hauptstadt. Tegucigalpa hat eine Kapazität von 250’000 Fahrzeugen; es wird jedoch geschätzt, dass über 750’000 Fahrzeuge täglich in der Stadt unterwegs sind! Ein nicht-funktionierendes öffentliches Verkehrssystem trägt zu dieser starken Überlastung bei. Wenn man also nicht stundenlang im Verkehr stehen möchte, muss die Tageszeit gut ausgewählt werden. Die Regierung hat das Problem erkannt und wird (hoffentlich) bald etwas zur Verbesserung beitragen.

Weihnachten wird auch hier festlich gefeiert 😊 Ein spezielles Gericht, welches an Weihnachten gegessen wird, sind die Nacatamales. Sie sind ähnlich wie Teigtaschen, jedoch aus Maismehl hergestellt und in grossen Bananen-Blätter eingewickelt. Gefüllt sind sie mit Reis, Kartoffeln und Poulet oder Schweinsfleisch. Um diese Nacatamales herzustellen, braucht es viel Geduld und einen grossen Kochtopf, damit die eingewickelten Nacatamales über mehrere Stunden kochen können. Ebenfalls speziell in dieser Zeit sind Äpfel und Trauben. Sie werden nur an diesen speziellen Feiertagen gekauft und genossen.

Quelle: https://buenprovecho.hn/recipe/nacatamales-de-cerdo/

Mit den älteren Kindern haben wir auch dieses Jahr wieder Weihnachts-Guetzli gebacken und diese im Zusammenhang mit einem Kleiderbazar verkauft. Es war ein grosser Erfolg 😊 Es ist schön zu sehen, wie sie motiviert die Guetzli backen und dann mit Stolz verkaufen.

Und dann gab es auch in der Bibliothek eine kleine Weihnachtsfeier mit Kaffee und Guetzli, sowie Geschenkübergabe. Dank vielen grosszügigen Spenden konnten wir jedem Kind der Bibliothek ein Weihnachtsgeschenk ermöglichen. Natürlich haben die Äpfel im Geschenk nicht gefehlt 😊

Nun hoffen wir, dass ihr Alle sanft im Neuen Jahr gelandet seid und ich bedanke mich ganz herzlich für die Lese-Treue 😊

25. November – Das tägliche Leben in Honduras

Mein letzter Erfahrungsbericht ist einige Monate her und der Grund dafür hat einen Namen und Vornamen 😊 Unsere Tochter wurde Anfang September hier in Honduras geboren und wir geniessen das Familienleben.

Der Monat September war gekennzeichnet von vielen Feiertagen. Gross wird der “Dia del Niño” (Tag der Kinder) gefeiert und danach kommt der 15-de-Septiembre, wo die Unabhängigkeit Honduras gefeiert wird. Beides sind wichtige Feste in Honduras und sogar auf allen Radiostationen wird im Monat September pünktlich um 12:00 Uhr mittags die Nationalhymne abgespielt.

Diese Nationalhymne ist auch sehr präsent im Bildungssystem: Die 7 Strophen müssen auswendig gelernt werden. Jeweils am Ende der 6. Klasse, am Ende der 9. Klasse und auch am Ende der Universität wird dies überprüft. Kann die Hymne am Ende der Universität nicht fehlerfrei gesungen werden, gilt die ganze Studienzeit als nichtbestanden. Erst nach erfolgreicher „Hymnen-Prüfung“ wird der Uni-Titel ausgestellt. Es geht also noch sehr patriotisch zu und her…

Covid ist in Honduras stark in den Hintergrund gerückt. Aktuell ist die Diskussion, ob die immer noch geltende Maskenpflicht aufgehoben werden kann oder nicht. Natürlich gibt es viele Gegner gegen diese Aufhebung, da der Maskenverkauf/-handel mittlerweile ein grosses Geschäft geworden ist. Und die Besitzer dieser Geschäfte haben sehr viel Macht und Mitsprache in solchen Entscheidungen; leider!

Ein trauriges Phänomen, welches seit einigen Monaten immer mehr an Präsenz annimmt, ist die Migration von Venezolanerinnen und Venezolaner, sowie von Haitianerinnen und Haitianer. Es klingt sehr paradox und ist es auch! Auf Grund der schwierigen Situation in Venezuela und Haiti machen sich viele auf den Weg in die USA, in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Sie durchqueren Zentralamerika und so auch Honduras. Mehr und mehr sieht man diese Personen, oft auch mit Kindern, auf den Strassen in der Hauptstadt um Geld betteln, damit sie weiterziehen können. Vor ein paar Monaten noch mussten sie ein “Durchreise-Geld” in Honduras von umgerechnet 200 USD bezahlen! Eine immense Summe, welche viele gar nicht bezahlen konnten und so in der ständigen Angst leben, von der Migrationsbehörde gefunden zu werden. Dank dem Druck von mehreren Menschenrechts-Organisationen wurde diese Regel glücklicherweise aufgehoben. Der Druck aus der USA auf Honduras ist gross, denn die amerikanische Regierung “spendet” Geld an Honduras, damit sie sich um diese Migrantinnen und Migranten “kümmern” und diese so nicht in die USA gelangen. Eine sehr traurige und schwer zu verstehende Situation. Ein Land wie Honduras, welches selber schon genug mit Migration zu kämpfen hat, soll sich jetzt auch noch um die Migrantinnen und Migranten aus Venezuela und Haiti kümmern…?!

Unsere Bibliothek wurde auch in meiner Abwesenheit fleissig weitergeführt. Belkis, die Lehrerin aus dem Dorf, hat sich der Bibliothek angenommen und die Nachhilfestunden sowie den Bastel- und Spielnachmittag weitergeführt. Auch wurde der Tag der Kinder gefeiert, an welchem Besuch von der Organisation “Rotes Kreuz Honduras” empfangen werden durfte.

Das Schuljahr geht Ende November zu Ende und die Kinder haben bis Februar Ferien. Traurig ist die Tatsache, dass anscheinend das Bildungs-Departement den Schulen vorgeschrieben hat, dass kein Kind die Klasse wiederholen darf. Dies war schon letztes Jahr der Fall und der Grund dafür ist das gute Da-Stehen vor den internationalen Geldgebern. Es wird sehr viel Geld für den Bildungssektor gespendet und die Regierung muss sich rechtfertigen, wenn viele Kinder die Klasse nicht bestehen. Doch die Lehrerin aus dem Dorf hat mir erzählt, dass viele Kinder der ersten Klasse immer noch sehr grosse Mühe mit Lesen und Schreiben haben und sie jetzt in ihren Ferien Nachhilfe für diese Schülerinnen und Schüler geben muss.

In der Bibliothek sind wir an Aktivitätsplanung, um ihnen die unterrichtsfreie Zeit mit Spass zu versüssen und langsam aber sicher die Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen.

Miriams Corona-Tagebuch aus Tegucigalpa

Miriam kam 2014 das erste Mal nach Honduras mit einer Hilfsorganisation und arbeitete dort 3 Jahre als Pflegefachfrau. Sie lebte dann wieder 2 Jahre in der Schweiz, hat aber den Kontakt zu Honduras nie verloren. Nun lebt sie seit April 2019 in Honduras mit ihrem Partner, wohnt in einem kleinen Dorf in der Nähe der Hauptstadt Tegucigalpa und arbeitet als Pflegefachfrau. Sie wird hier in den nächsten Monaten aus ihrem Alltag aus Honduras berichten.

28. August – Das tägliche Leben in Honduras

Der Monat August verlief soweit ohne aufregende Ereignisse auf politischer Ebene Wettertechnisch gibt es ebenfalls für diese Monate nichts Untypisches: Es gab weiterhin viele Regenfälle – in Kombination mit schwülen Temperaturen: die optimale Grundlage für Mücken, welche das Dengue-Fieber übertragen können. Das Gesundheitsdepartement spricht von einer „stillen Epidemie“, denn im Monat August gab es im Vergleich zum letzten Jahr 66% mehr Fälle. Betroffen sind vor allem die zwei Grossstädte Tegucigalpa und San Pedro Sula, aber auch im restlichen Teil des Landes werden viele Dengue-Fälle verzeichnet.

https://www.roatanet.com/mini-guide-to-san-pedro-sula/

Diese von Mücken übertragene Krankheit führt zu hohem Fieber und in schlimmen Verläufen greift es sogar die inneren Organe an, was für die Betroffenen leider nicht selten tödlich endet. Die Spitäler wechseln also von einem Überfüllt-sein mit Covid-Patienten zu vollen Betten mit Dengue-Fällen. Der Gesundheitssektor kommt so leider nie zur Ruhe…

https://proceso.hn/honduras-podria-declarar-epidemia-de-dengue-ante-el-aumento-de-casos/

Unsere Nachbarin, welche in einem der öffentlichen Spitäler als Pflegefachfrau arbeitet, erzählte mir, dass der Staat ihnen bislang drei Monats-löhne schuldet. Dies ist leider eine oft vorkommende Tatsache, dass der Staat den Angestellten ihre Löhne nicht pünktlich oder gar nicht auszahlt. Der Bildungs- und Gesundheitssektor sind besonders stark davon betroffen; zwei so wichtige Departemente!

Good news: International hat Honduras in den letzten Wochen mit besonderen Talenten brilliert. Die Honduranerin Valeria Viana gewinnt in Indien die Schach-Weltmeisterschaft; den bekanntesten Musik-Show-Wettbewerb in Mexiko hat die junge Honduranerin Cesia Saenz gewonnen und die honduranische Werbeagentur „Ogilvy“ hat am „Festival de Cannes“ in Frankreich den ersten Platz belegt. Es ist spannend zu sehen, wie solche Erfolge Auswirkungen vor allem auf die Jungen hier in Honduras haben. In der Bibliothek sind die Kinder voller Stolz gekommen, um mir die Neuigkeiten mitzuteilen, dass IHR Land so wichtige Preise gewonnen hat. Es gibt den Jungen hier neue Motivation und Perspektive, dass auch sie etwas erreichen können. Obwohl es „nur“ ein paar Auserwählte sind, welche die Möglichkeit haben, an solchen Events teilnehmen zu können, merke ich dennoch eine Freude und einen Stolz unter den Honduraner und Honduranerinnen.

In der Bibliothek durften wir diesen Monat unser zweijähriges Jubiläum feiern 😊 Vor zwei Jahren, in mitten der globalen Pandemie, ist das Projekt entstanden und es ist so schön zu sehen, wie sich immer mehr Kinder angeschlossen haben. Auch nach zwei Jahren werden die Angebote rege genutzt und dank der wertvollen Unterstützung von Spender und Spenderinnen können immer mehr neue Ideen umgesetzt werden. Ein herzliches Dankeschön geht an alle zu Hause, die uns die neuen Möglichkeiten schaffen und so mithelfen, das Projekt aufrecht zu halten.

31. Juli – Das tägliche Leben in Honduras

Die neue Präsidentin ist nun seit gut sechs Monaten im Amt und viele fragen mich, ob positive Veränderungen bereits sichtbar sind. Dies ist schwierig zu beurteilen, denn die Präsidentin allein kann keine Wunder vollbringen und es sind noch viele andere, machtvolle Akteure mit im Spiel.

Was ich aus der Sicht des täglichen Lebens sehen kann, ist eine allgemeine Zufriedenheit mit der politischen Lage. Vor allem mit der Subventionierung der Strompreise sind viele sehr zufrieden, denn Familien mit wenig finanziellen Ressourcen haben wenig oder gar keine Elektrizitätskosten mehr.

Gleichzeitig beeinflusst auch die globale Situation die Wirtschaft in Honduras. Die Preise für Lebensmittel und Benzin sind stark angestiegen, was für viele Honduraner und Honduranerinnen eine grosse Schwierigkeit darstellt.

Im Mai hat es begonnen zu regnen und in den vergangenen zwei Monaten ist viel Wasser gefallen. Die grossen Regenmengen stellen einerseits eine Erleichterung für den landwirtschaftlichen Sektor dar, andererseits bringen sie leider auch Überschwemmungen mit sich. Dies ist insbesondere eine Herausforderung, da noch nicht alle Schäden der letzten Hurricanes behoben sind (vor zwei Jahren suchten schlimme Unwetter Honduras heim). Die Massnahmen bezüglich Hochwasserschutz und Sicherung der Flussufer sind auch nach fast zwei Jahren nicht fertig umgesetzt und so sind diese Gebiete immer noch sehr anfällig auf grosse Wassermengen.

Ungesichertes Ufer des Rio Ulua

Das andere grosse Problem, welches vor allem die grösseren Städte betrifft: Abfall. Abfall, welcher nicht richtig entsorgt wird und auf den Strassen landet. Die Kanalisationen werden dadurch verstopft und verursachen so enorme Probleme. Es wird geschätzt, dass 85 % der Überflutungen und Überschwemmungen in der Hauptstadt Tegucigalpa aufgrund des nicht richtig entsorgten Mülls verursacht werden…

Letzte Woche durfte ich wieder etwas Neues über die honduranische Kultur erfahren: Unsere junge Nachbarin hatte vor drei Wochen einen Motorradunfall. Sie wurde von einer alkoholisierten Autofahrerin angefahren und hat sich das Bein gebrochen. Und hier wiederholt sich die traurige Realität der öffentlichen Spitäler: Sie musste fast zwei Wochen in der Notaufnahme verbringen, weil auf der chirurgischen Abteilung kein Platz frei war! Fast drei Wochen nach dem Unfall wurde sie endlich operiert und ist nun zu Hause für die Genesung. Als ich mich für den täglichen Verbandswechsel angeboten habe, wurde ich eines Besseren belehrt: Anscheinend gehen sie davon aus, dass Schwangere mit ihrem ersten Kind einen sehr starken, intensiven Blick haben und damit die Genesung negativ beeinflussen. Auch die Wunde durfte ich nicht begutachten, da anscheinend mein Blick ebenfalls zu stark ist. So ist es für mich immer wieder spannend mehr über die kulturellen Glaubenssätze zu erfahren!

Unsere Bibliothek läuft fleissig weiter; die Nachhilfe wird rege genutzt und die Kinder bringen ihre Fragen ein. Oft entstehen auch interessante Diskussionen bezüglich den Herausforderungen des Landes und es ist schön zu sehen, wie die Kinder mehr über die Hintergründe der aktuellen Situation wissen möchten.

Reger Spielnachmittag in der Bibliothek

Auch der Donnerstag-Spiel-Nachmittag wird weiterhin zahlreich besucht und es ist spannend zu sehen, wie die Kinder mit den gleichen Spielsachen immer wieder neue Ideen und Spiele finden.