Oktober bedeutet Regenzeit hier in Honduras. Bis jetzt haben wir in unserer Region „normalen“ Regen gehabt. Im Norden von Honduras, wo es letztes Jahr starke Überschwemmungen gab, hat der Fluss allerdings bereits jetzt schon wieder eine kritische Höhe erreicht. Letzte Woche hatten wir die Möglichkeit, den Fluss Ulúa in El Progreso zu besuchen. El Progreso ist im Norden von Honduras und der Fluss Ulúa hat dort letztes Jahr viel Schaden angerichtet. Es ist immer noch gut zu sehen, wo der Fluss über die Ufer getreten ist und die umliegenden Dörfer komplett unter Wasser setzte. Eine Stärkung der Uferränder ist nötig, doch unglücklicherweise wurde einfach die weggeschwemmte Erde wieder zusammengeschaufelt. Experten sagen, dass diese „Verstärkung“ eine erneute Überschwemmung nicht verhindert. So hoffen wir alle, dass sich die Regenmassen in Grenzen halten und kein Hurrican hinzukommt.
Es fehlt nur noch einen Monat, bis zu den Wahlen. Die Anspannung steigt immer stärker an. Vor allem seit sich die zwei stärksten Oppositionsparteien zusammengeschlossen haben, steigt der Druck auf die regierende Nationale Partei stark an. Für viele Personen im Dorf ist es klar, dass sie die Nationale Partei wählen werden. Der Grund ist die „Unterstützung“, welche sie erhalten. Eine Nachbarin, welche gerade ihr Haus baut, hat fünf Säcke Zement erhalten – und dies einfach so – von der Nationalen Partei gespendet. Ein zwölfjähriges Mädchen hat mir in der Bibliothek freudig erzählt, dass sie ein Stipendium von der Nationalen Partei erhalten hat – im Wert von 3‘000 Honduranische Lempiras (umgerechnet ca. 115 CHF). Als ich die Mutter fragte, ob sie irgendwelche Belege einreichen muss oder ob es für etwas spezielles eingesetzt werden soll (zum Beispiel Schulunterlagen, etc.), antwortete sie mir, dass sie selber entscheiden kann, für was sie es einsetzen möchte und muss anschliessend auch keine Belege einreichen. Die Absicht, welche die Nationale Partei damit erreichen möchte, ist wirksam! Denn diese Familie wird ihre Stimme dieser Partei geben. Traurig und für viele unverständlich ist die Tatsache, dass es sich um öffentliche Gelder handelt, welches für den „Stimmenkauf“ verwendet wird. Geld, welches eine weit bessere Verwendung im Land finden könnte.
Viele fragen sich, wie das Impfen hier in Honduras voran geht. Aus meiner Sicht geht es erstaunlich gut vorwärts, obwohl Statistiken zufolge erst 25% der Leute geimpft sind. Was ich in meinem Umfeld beobachten kann: im Dorf sind fast alle geimpft, auch alle meine Bekannten in der Hauptstadt haben beide Impfdosen erhalten. Eine Nachbarin, welche im öffentlichen Spital in Tegucigalpa arbeitet, hat sogar schon die dritte Impfdosis erhalten. Die Frage ist, wie sich das Impfvorgehen entwickelt, sobald die Wahlen vorüber sind, denn die Impfanlässe werden gleichzeitig als Wahlkampagnen missbraucht.
Die gute Neuigkeit, dass die Kinder einmal pro Woche Schulunterricht erhalten, gehört leider schon wieder der Vergangenheit an. Anfang dieses Monats haben sie begonnen, einen Teil unserer Zufahrtsstrasse zu betonieren. Unser Dorf ist also im Moment nicht per Auto oder Motorrad erreichbar, sondern nur zu Fuss. Dies ist Grund genug für die Lehrer, den einmal wöchentlichen Präsenzunterreicht zu pausieren – und dies zu Lasten der Kinder.
Unser Bibliotheksteam hat ein neues Mitglied erhalten: eine liebe Nachbarin vom Dorf. Sie hat sich bereit erklärt, mich an den Donnerstagen jeweils zu unterstützen. So können wir den 20 bis 25 Kindern mehr gerecht werden und ihnen jene Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen.
Ebenso habe ich mit fünf jungen Mädchen und einem Jungen eine Gruppe ins Leben gerufen. Unser Ziel ist, den Austausch zu fördern und die Bibliothek aktiv zu halten. So kam die wunderbare Idee von einer Kleider-Tauschbörse zustande, was wir vor zwei Wochen gleich erfolgreich umgesetzt haben. Es war ein lustiger Nachmittag und unsere Gruppe konnte dank Verkauf von Kaffee ein kleines Taschengeld für die Bibliothek sammeln. Eine weiterführende Idee dahinter ist, den Kindern den Umgang mit Geld beizubringen, indem selbständig kleine Sachen für die Bibliothek kaufen können. Es ist schön und herzerwärmend zu sehen, wie die Motivation der Kinder mit so einfachen Sachen stimuliert werden kann.