3. Juli – Das tägliche Leben in Honduras

Mitte Mai hat es endlich begonnen, zu regnen und somit sind wir in der Regenzeit angekommen. Dies bedeutet für Honduras, dass es “eigentlich” fast jeden Tag etwas regnen sollte, doch auch der Klimawandel betrifft diese Region sehr. Im Monat Mai gab es nur wenige Regentage, jetzt im Juni etwas mehr. Doch ist es immer noch zu wenig Wasser, welches auf die Böden fällt. Die Prognostik für die kommenden Monate sagen leider auch nicht viel Regen vorher; viele der Landwirte und auch die Bevölkerung ist besorgt…

Die besorgniserregende Wassersituation gibt in mehreren Landesteilen Probleme: Eine gute Kollegin, welche in Tegucigalpa wohnt, hat mir vor ein paar Wochen erzählt, dass nun auch bei ihnen im Wohnviertel das Wasser nur ein Mal pro Monat fliesst! Der Rest des Monates müssen sie das Wasser kaufen. Vor ein paar Jahren hatte dieses Wohnviertel noch jeden Tag, auch in der Trockenzeit, fliessendes Wasser. Und auch im Westen von Honduras gibt es viele Probleme mit dem Wasser. Meine Schwägerin erzählte mir, dass bei ihnen im Spital in Gracias, Lempira, nur ein Mal pro Woche das Wasser angestellt wird! Viele Operationen werden abgesagt oder immer wieder verschoben, da es einfach kein Wasser hat! Es ist sehr besorgniserregend zu sehen, wie viele öffentliche Einrichtungen grosse Probleme mit der Wasserversorgung haben.

Spitalangestellte sammeln Wasser sammeln, um die Hygiene «sicher zu stellen».

Viele Personen versuchen also verständlicherweise, das Spital so gut wie möglich zu meiden. Dies aber nicht nur wegen der Wasser- und somit Hygiene-Situation, sondern oft auch, weil das Geld für den Transport nicht reicht. Ein Jugendlicher aus der Bibliothek hatte bis vor kurzem einen Gips, da er sich das Handgelenk gebrochen hat. Als er letzte Woche ohne Gips in die Bibliothek kam, fragte ich ihn ganz erfreut, was den der Arzt über die Heilung des Handgelenkes gemeint hat. Der Junge schaute mich mit grossen Augen an und begann zu lachen. Seine Mutter habe den Gips mit einem scharfen Messer entfernt; wieso sollten sie Geld für den Transport hin zum Spital ausgeben, nur um seinen Gips entfernen zu lassen? Ich musste zuerst leer schlucken, da es ein sehr ungewöhnlicher Vorgang ist, einen Gips zu entfernen. Und doch zeigte es mir wieder einmal mehr auf, dass für viele Familien das Geld so knapp ist, dass es nicht für den Transport zum Spital eingesetzt werden kann. Prioritäten werden gesetzt…

Überrascht und vor allem erstaunt war ich vor ein paar Wochen auch, als ich erfahren habe, dass ein Nachbar von uns weder schreiben noch lesen kann. Dies ist zwar (leider) hier in Honduras keine Seltenheit, doch mein Erstaunen war deswegen, weil unser Nachbar ein hervorragender Bauleiter ist. Er hat bei uns schon viele Sachen gebaut, unter anderem auch eine Treppe, was sehr viel mathematisches Verständnis erfordert! Unser Nachbar hat die Schule nur bis in die 2. Klasse besucht, danach ging er mit seinem Vater arbeiten und hat so die wichtigen Sachen des Bauens erlernt. Für mich sind solche Menschen sehr bewundernswert, sie haben so viele Fähigkeiten, welche nicht im typischen Schulsystem erlernt worden sind.

In unserer Bibliothek geht es munter weiter mit Nachhilfe und Bastel- und Spielnachmittag. Da meine Eltern für einen Monat bei uns waren, haben die Kinder mit viel Freude von meinem Vater gelernt, Papier-Hüte und –Flugzeuge zu bauen! Und die Puzzles sind nach wie vor eine beliebte Beschäftigung.

Ein Highlight für unsere Jugendliche war ein Museums-Besuch, welchen wir im Mai durchgeführt haben. Sie waren noch nie in einem Museum gewesen, für viele der Kindern und Jugendlichen hier im Dorf gibt keinen Zugang zu etwas Kulturellem, ob zu Musik oder Kunst. In der Schule werden keine solche Fächer angeboten. Mit grossem Interesse haben sie die Ausstellungen bestaunt und es war ein gelungener Kulturtag 😊

Ein Gedanke zu „3. Juli – Das tägliche Leben in Honduras

  1. Hallo Miriam, immer wieder spannend, von Euch zu hören und zu lesen. So viele Dinge, die hier in der Schweiz so selbstverständlich sind scheinen bei Euch in Honduras ein grosser Mangel. Daher freuen wir uns, wenn Du durch Deine Arbeit Licht in den Alltag der Kinder bringen kannst. Gruess Gabriela Odermatt, Physio im SPZ Nottwil und Präsidentin Hermanos Ballwil. Ich wünsche Land und Leuten viel Regen und Segen!!

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