22. Juli – Das tägliche Leben in Honduras

Anfang Juni begann es endlich zu regnen! Doch der Regen, welcher im Monat Mai gefehlt hat, kam im Juni und Anfang Juli zusammen. Es hat fast täglich geregnet, was vor allem im Süden von Honduras Probleme verursacht hat. Die Erde war von der langen Trockenzeit völlig ausgetrocknet und konnte die grosse Wassermenge gar nicht aufnehmen. So waren bereits nach einigen Regentagen viele Flüsse über die Ufer getreten und viele Familien mussten evakuiert werden wegen Überschwemmungs- oder Erdrutschgefahr. Von extremer Trockenheit zu Überschwemmungen… Mittlerweile hat sich der Regen etwas eingependelt und wir sind im “normalen Regenrythmus” der Regenzeit, was bedeutet, dass es meistens einmal pro Tag regnet und dann die Sonne wieder raus kommt 😊

Dass in Honduras viele öffentliche Sektoren mit einem sehr geringen Budget arbeiten müssen, ist bekannt. Und doch war ich überrascht und musste etwas schmunzeln, als ich erfahren habe, dass momentan keine Autoschilder gedruckt werden können. Anscheinend fehlt es an Material… So werden Autoschilder auf Papier gedruckt und der Besitzer oder die Besitzerin des Autos darf selbst schauen, wie es am Auto angebracht werden kann.

Auch der öffentliche Gesundheitssektor erhält sehr wenig Geld vom Staat. Das Erlebnis unserer Nachbarin hat mich wieder einmal an der Realität des Landes teilhaben lassen, mit grossem Kopfschütteln: Unsere Nachbarin, eine vierfache Mutter, muss sich ihre Gallenblase entfernen lassen. Im März hat sie es erfahren, der Operationstermin war jetzt im Juli. Diese lange Wartezeit ist leider nichts aussergewöhnliches in den öffentlichen Spitälern… So ging unsere Nachbarin am Donnerstag ins Spital, der Operationstermin war dann am nächsten Tag. Am Freitagmorgen bekam sie die Information, dass dem Arzt etwas “dazwischen gekommen” ist und sie erst am Montag operiert wird. Sie müsse jedoch im Spital bleiben, ansonsten würde sie ihren “Platz” verlieren und somit auch die Operation. Also blieb sie über das Wochenende im Spital, und dies nur um dann am Montagmorgen zu erfahren, dass der Operationssaal “infiziert” ist und die Operation nicht stattfinden kann. Mehr Informationen bekam sie nicht. Sie wurde am selben Tag entlassen und wartet jetzt auf einen neuen Termin. Sie erzählte mir unter Tränen, dass es ja nicht nur um die Operation geht, sondern dass es für sie auch schwierig war, ihre vier Kinder für so lange unterzubringen und dass sie vier Tage der Arbeit verloren hat. Hier in Honduras gilt meistens der Satz: Nicht gearbeitet – kein Lohn an diesem Tag.

Eine freudige Nachricht für uns kam Anfang Juli. Wir durften endlich wieder den Gemeindesaal für unsere Bibliothek benützen und so den Donnerstagnachmittag mit Spielen und Malen dort geniessen. Es war so schön und berührend zu sehen, wie die Kinder mit freudigen Augen herein gestürmt kamen 😊