Am 15. Juli werden es 4 Monate her sein, seit der Honduranische Präsident eine totale Ausgangssperre verordnet hat, wegen Covid-19. Die Bevölkerung darf einmal alle zwei Wochen auf die Strasse, um in den Supermarkt, Bank oder die Apotheke zu gehen. Man stellt sich vielleicht vor, dass die ganzen Strassen leer sind, doch ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Menschen und Autos in den Strassen von Tegucigalpa zu sehen sind – es scheint mir, dass jedes Mal, wenn ich in die Hauptstadt gehe, mehr Frauen, mehr Männer und vor allem mehr Kinder am Strassenrand sitzen und nach Geld oder Essen fragen. Dies ist oft ihre einzige Möglichkeit, um einige Honduranische Lempiras zu ergattern und sich so das Abendessen und wenn es gut läuft, auch das Mittagessen vom nächsten Tag zu kaufen. Eine Unterstützung vom Staat ist nach wie vor nicht sichtbar.
Ich kenne viele, zu viele Personen, die ihre Arbeit entweder verloren haben oder welche von ihrer Arbeit suspendiert worden sind und kein Lohn erhalten. All diese Personen haben seit fast 4 Monaten kein Einkommen haben…und die Suche nach einer Arbeit war vorher schon schwierig, geschweige denn jetzt in dieser Situation.
Heute hat mir meine Nachbarin erzählt, dass sie seit 4 Monaten kein Geld verdient, sie arbeitete vor Corona an einer Internationalen Schule als Betreuerin. Sie sucht kleine Arbeiten hier im Dorf wie Wäsche waschen, putzen, Mais mahlen etc., doch oft sei es schwierig, da so viele diese Dienstleistungen anbieten.
Ein anderes, hier ein scheinbar vergessenes Problem, ist die Mückensaison und die damit übertragene Krankheit „Dengue“. Dengue ist eine Krankheit, die von Mücken übertragen wird und Symptome wie hohes Fieber und Gliederschmerzen hervorruft, vor allem bei Kindern kann diese Krankheit lebensgefährliche Komplikationen wie innere Blutungen hervorrufen. Viele Spitäler haben keine Kapazität mehr (obwohl sie vor dem Covid-19 auch schon wenig Kapazität hatten) und so hat mir eine Nachbarin erzählt, dass sie mit Dengue Symptome ins Spital ging, dort positiv auf Dengue getestet wurde, sie wurde jedoch wieder nach Hause geschickt, da die Ärzte keine Ressourcen hatten, sich um eine Dengue-Patientin zu kümmern. Glücklicherweise hat sie keine Komplikationen entwickelt und es geht ihr heute wieder besser.
Über das Virus wird hier viel spekuliert, oft auch Sachen, welche weit von der Wahrheit entfernt sind. Maskenpflicht besteht hier schon lange, oft bin ich erstaunt über die Kreativität der Menschen, mit was man alles eine Maske basteln kann: Socken, T-Shirts, Stofffetzen, etc. Gestern habe ich im Supermarkt sogar eine Person gesehen, welche 3 Masken übereinander getragen hat… für mich erstaunlich, wie diese Person noch atmen konnte!
Autos werden hier desinfiziert mit einer Chlormischung, die Schuhsohlen werden ebenfalls immer gereinigt mit dieser Mischung wenn man in ein Geschäft geht, und zu guter Letzt wird geraten, alle Einkäufe, welche ausser Haus gemacht werden, mit dieser Chlormischung abwaschen, um das Virus abzutöten. Dabei scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass Chlor eine nicht ungefährliche Lösung ist, welche Haut und Augen reizen können und sich auch negativ auf die Atemwege auswirkt. Paradox scheinen diese Massnahmen auch, wenn man bedenkt, dass vor allem in Tegucigalpa eine enorme Wasserknappheit herrscht – und das vorhandene Wasser wird für diese Zwecke eingesetzt?
Es wird eine Angst entwickelt, die sogar so weit geht, dass viele Pflegefachfrauen und –männern, welche sich im Spital um die Corona-Patienten/-innen kümmern, Morddrohungen erhalten und von ihrem Wohnviertel verpönt werden – aus Angst, sich mit dem Virus anzustecken.
Trotz dieser schwierigen Situation ist hier im Dorf eine Solidarität sichtbar, welche die Unterstützung der Nachbarn zeigt. Es werden angepflanzte Gemüse untereinander ausgetauscht und unser lieber Nachbar, welcher ca. 80 Jahre alt ist (sein genaues Alter habe er vergessen…) geht immer noch jeden Tag in den Wald, um Brennholz zu sammeln und kommt bei uns vorbei für einen „Schwatz“, um uns zu erzählen, dass „der da oben“ (er meint Gott) ihn immer noch nicht bei sich haben will, deswegen gäbe es wieder einen Tag im Wald für ihn.