3. November – Das tägliche Leben in Honduras

Und schon ist der Monat Oktober vorbei, und mit ihm der siebte Monat mit Ausgangssperre in Honduras. Die Regelung ist immer noch gleich: wir dürfen einmal pro Woche raus und Maskenpflicht herrscht nach wie vor. Einige Personen sehen die Maske nun als Mode-Accessoire, wie mir meine Nachbarin erzählt. Sie hat verschiedene Stoffmasken zu Hause und je nachdem, welche Kleider sie trägt, wählt sie dazu die passende Stoffmaske aus. Masken sind hier also schon fest in den täglichen Alltag integriert und es ist schon fast „normal“.

Die Schulen sind weiterhin geschlossen. Die privaten Schulen unterrichten per Internet. Die öffentlichen Schulen sollten eigentlich die Hausaufgaben per Whatsapp verschicken – das machen aber nur die wenigsten Lehrerinnen und Lehrer. Dazu kommt noch, dass nicht alle Eltern ein Telefon besitzen, welches Whatsapp-tauglich ist. Und falls sie ein solches Handy besitzen, haben sie nicht immer die finanziellen Ressourcen, Internet-Daten zu kaufen und die grossen Dateien herunter zu laden. Anscheinend wird das erste halbe Jahr vom 2021 gleich verlaufen. Das heisst also, dass sehr wahrscheinlich die meisten Kinder über ein Jahr lang keine „physische“ Schule besuchen werden… Besorgniserregend ist dann, wie viele Kinder und vor allem Jugendliche danach wieder in die Schule zurück gehen werden?

Ein weiteres trauriges und sehr besorgniserregendes Ereignis hat sich Anfang Oktober hier in Honduras ereignet. Eine Karawane mit tausenden von Honduranerinnen und Honduraner, darunter auch Kinder und Jugendliche, hat Honduras verlassen mit dem Ziel, in die USA zu gehen – auf der Suche nach einem besseren Leben. Sie nehmen diesen gefährlichen Weg zu Fuss auf sich, um über Guatemala nach Mexiko zu gelangen und dort die Grenze in die USA zu überqueren. Für ganz viele von ihnen ist es aus ihrer Sicht die einzige Möglichkeit auf ein besseres Leben. Die Bilder, auf welchen die Personen, Kindern und Jugendliche zu sehen sind, sind herzzerreissend. Ihr Gepäck ist oft nicht mehr als ein einfacher Rucksack…

Quelle: https://i2.wp.com/www.diariocolatino.com/wp-content/uploads/2020/01/NUEVACARAVANA2020.jpg?ssl=1

Diese Karawanen haben auch einen Folgeeffekt für viele Honduranerinnen und Honduraner. Letzte Woche hatte ich ein langes Gespräch mit dem Mann, der als Führungsperson unseres Dorfes gilt. Er ist ein sehr gut ausgebildeter und junger Mann mit vielen Qualitäten. Er arbeitet als Assistent in einer kleinen Firma, verdient schlecht und oft kommt der Lohn zwei Monate verzögert. Inspiriert von der Karawane, überlegt auch er sich, in die USA zu gehen, um eine bessere Arbeit und vor allem Lohn zu finden, damit er seinen Töchtern eine gute Ausbildung und eine bessere Zukunft schenken kann. Es ist traurig zu sehen, dass so viele Personen hier in Honduras keine gerechte Arbeit finden, obwohl sie sehr qualifiziert sind…

Und dann durfte ich letzte Woche mit einem Jungen hier vom Dorf in die Gesundheitsklinik fahren. Er hat sich den Kopf an einem hervorstehenden Blech gestossen und sich eine Schnittwunde zugezogen, welche genäht werden musste. Als wir in der Klinik ankamen und sich der Arzt die Wunde angeschaut hatte, reichte er uns ein Rezept in die Hand. Die Mutter und ich waren sehr erstaunt, als wir lesen konnte, dass wir den Näh-Faden kaufen gehen mussten sowie die Tetanus-Impfung. Auf meine Nachfrage hin erklärte uns der Arzt, dass es in der ganzen Klinik keinen Näh-Faden gäbe und er schon mehr als 2 Monate auf seine Bestellung wartete. So gingen die Mutter und ich in die nächste Apotheke, die drei Autofahrt-Minuten entfernt war, kauften den Faden und die Impfung…

Jeweils erfreulich sind die Erlebnisse in der Bibliothek. Gestern hatten wir die Hände bemalt und so Händeabdrücke gemacht, was für die Kinder und sogar für die Mütter ein riesiges Erlebnis war. ☺ Dank grosszügigen Spenden von vielen lieben Personen konnten wir das Angebot unserer Bibliothek stark erweitern. Es ist sehr schön, die leuchtenden Augen der Kinder und Jugendlichen zu sehen, wenn wir verkünden, dass neue Bücher eingetroffen sind!