28. August – Das tägliche Leben in Honduras

Der Monat August verlief soweit ohne aufregende Ereignisse auf politischer Ebene Wettertechnisch gibt es ebenfalls für diese Monate nichts Untypisches: Es gab weiterhin viele Regenfälle – in Kombination mit schwülen Temperaturen: die optimale Grundlage für Mücken, welche das Dengue-Fieber übertragen können. Das Gesundheitsdepartement spricht von einer „stillen Epidemie“, denn im Monat August gab es im Vergleich zum letzten Jahr 66% mehr Fälle. Betroffen sind vor allem die zwei Grossstädte Tegucigalpa und San Pedro Sula, aber auch im restlichen Teil des Landes werden viele Dengue-Fälle verzeichnet.

https://www.roatanet.com/mini-guide-to-san-pedro-sula/

Diese von Mücken übertragene Krankheit führt zu hohem Fieber und in schlimmen Verläufen greift es sogar die inneren Organe an, was für die Betroffenen leider nicht selten tödlich endet. Die Spitäler wechseln also von einem Überfüllt-sein mit Covid-Patienten zu vollen Betten mit Dengue-Fällen. Der Gesundheitssektor kommt so leider nie zur Ruhe…

https://proceso.hn/honduras-podria-declarar-epidemia-de-dengue-ante-el-aumento-de-casos/

Unsere Nachbarin, welche in einem der öffentlichen Spitäler als Pflegefachfrau arbeitet, erzählte mir, dass der Staat ihnen bislang drei Monats-löhne schuldet. Dies ist leider eine oft vorkommende Tatsache, dass der Staat den Angestellten ihre Löhne nicht pünktlich oder gar nicht auszahlt. Der Bildungs- und Gesundheitssektor sind besonders stark davon betroffen; zwei so wichtige Departemente!

Good news: International hat Honduras in den letzten Wochen mit besonderen Talenten brilliert. Die Honduranerin Valeria Viana gewinnt in Indien die Schach-Weltmeisterschaft; den bekanntesten Musik-Show-Wettbewerb in Mexiko hat die junge Honduranerin Cesia Saenz gewonnen und die honduranische Werbeagentur „Ogilvy“ hat am „Festival de Cannes“ in Frankreich den ersten Platz belegt. Es ist spannend zu sehen, wie solche Erfolge Auswirkungen vor allem auf die Jungen hier in Honduras haben. In der Bibliothek sind die Kinder voller Stolz gekommen, um mir die Neuigkeiten mitzuteilen, dass IHR Land so wichtige Preise gewonnen hat. Es gibt den Jungen hier neue Motivation und Perspektive, dass auch sie etwas erreichen können. Obwohl es „nur“ ein paar Auserwählte sind, welche die Möglichkeit haben, an solchen Events teilnehmen zu können, merke ich dennoch eine Freude und einen Stolz unter den Honduraner und Honduranerinnen.

In der Bibliothek durften wir diesen Monat unser zweijähriges Jubiläum feiern 😊 Vor zwei Jahren, in mitten der globalen Pandemie, ist das Projekt entstanden und es ist so schön zu sehen, wie sich immer mehr Kinder angeschlossen haben. Auch nach zwei Jahren werden die Angebote rege genutzt und dank der wertvollen Unterstützung von Spender und Spenderinnen können immer mehr neue Ideen umgesetzt werden. Ein herzliches Dankeschön geht an alle zu Hause, die uns die neuen Möglichkeiten schaffen und so mithelfen, das Projekt aufrecht zu halten.

31. Juli – Das tägliche Leben in Honduras

Die neue Präsidentin ist nun seit gut sechs Monaten im Amt und viele fragen mich, ob positive Veränderungen bereits sichtbar sind. Dies ist schwierig zu beurteilen, denn die Präsidentin allein kann keine Wunder vollbringen und es sind noch viele andere, machtvolle Akteure mit im Spiel.

Was ich aus der Sicht des täglichen Lebens sehen kann, ist eine allgemeine Zufriedenheit mit der politischen Lage. Vor allem mit der Subventionierung der Strompreise sind viele sehr zufrieden, denn Familien mit wenig finanziellen Ressourcen haben wenig oder gar keine Elektrizitätskosten mehr.

Gleichzeitig beeinflusst auch die globale Situation die Wirtschaft in Honduras. Die Preise für Lebensmittel und Benzin sind stark angestiegen, was für viele Honduraner und Honduranerinnen eine grosse Schwierigkeit darstellt.

Im Mai hat es begonnen zu regnen und in den vergangenen zwei Monaten ist viel Wasser gefallen. Die grossen Regenmengen stellen einerseits eine Erleichterung für den landwirtschaftlichen Sektor dar, andererseits bringen sie leider auch Überschwemmungen mit sich. Dies ist insbesondere eine Herausforderung, da noch nicht alle Schäden der letzten Hurricanes behoben sind (vor zwei Jahren suchten schlimme Unwetter Honduras heim). Die Massnahmen bezüglich Hochwasserschutz und Sicherung der Flussufer sind auch nach fast zwei Jahren nicht fertig umgesetzt und so sind diese Gebiete immer noch sehr anfällig auf grosse Wassermengen.

Ungesichertes Ufer des Rio Ulua

Das andere grosse Problem, welches vor allem die grösseren Städte betrifft: Abfall. Abfall, welcher nicht richtig entsorgt wird und auf den Strassen landet. Die Kanalisationen werden dadurch verstopft und verursachen so enorme Probleme. Es wird geschätzt, dass 85 % der Überflutungen und Überschwemmungen in der Hauptstadt Tegucigalpa aufgrund des nicht richtig entsorgten Mülls verursacht werden…

Letzte Woche durfte ich wieder etwas Neues über die honduranische Kultur erfahren: Unsere junge Nachbarin hatte vor drei Wochen einen Motorradunfall. Sie wurde von einer alkoholisierten Autofahrerin angefahren und hat sich das Bein gebrochen. Und hier wiederholt sich die traurige Realität der öffentlichen Spitäler: Sie musste fast zwei Wochen in der Notaufnahme verbringen, weil auf der chirurgischen Abteilung kein Platz frei war! Fast drei Wochen nach dem Unfall wurde sie endlich operiert und ist nun zu Hause für die Genesung. Als ich mich für den täglichen Verbandswechsel angeboten habe, wurde ich eines Besseren belehrt: Anscheinend gehen sie davon aus, dass Schwangere mit ihrem ersten Kind einen sehr starken, intensiven Blick haben und damit die Genesung negativ beeinflussen. Auch die Wunde durfte ich nicht begutachten, da anscheinend mein Blick ebenfalls zu stark ist. So ist es für mich immer wieder spannend mehr über die kulturellen Glaubenssätze zu erfahren!

Unsere Bibliothek läuft fleissig weiter; die Nachhilfe wird rege genutzt und die Kinder bringen ihre Fragen ein. Oft entstehen auch interessante Diskussionen bezüglich den Herausforderungen des Landes und es ist schön zu sehen, wie die Kinder mehr über die Hintergründe der aktuellen Situation wissen möchten.

Reger Spielnachmittag in der Bibliothek

Auch der Donnerstag-Spiel-Nachmittag wird weiterhin zahlreich besucht und es ist spannend zu sehen, wie die Kinder mit den gleichen Spielsachen immer wieder neue Ideen und Spiele finden.

1. Mai – Das tägliche Leben in Honduras

Lange war es unklar, ob der Expräsident Juan Orlando Hernandez nun ausgeliefert wird oder nicht. Letzte Woche war es dann endlich soweit: Der korrupte Expräsident wurde an die USA ausgeliefert und wartet dort nun auf sein Gerichtsurteil. Dies war natürlich das Diskussionsthema Nummer eins in den letzten Tagen und die Freude von vielen Honduranerinnen und Honduraner war spürbar. In der Hauptstadt Tegucigalpa gab es ein „Freudenfest“ auf dem Boulevard und viele weitere Zusammenkünfte wurden gehalten.

Während die einten ein Freudefest bezüglich der Auslieferung hielten, haben andere einen Freudentanz aufgeführt, als es am Wochenende zu regnen begann! Der Regen startet oft erst im Mai, doch dieses Jahr kam er früher und war für viele von uns eine grosse Erleichterung. Vor Ostern war es extrem heiss, es gab viele Waldbrände und der sich dadurch entwickelte Rauch war überall riechbar. Die gewaschenen Kleider sind zwar schnell getrocknet, jedoch mit einem unangenehmen Rauchgeruch. Und der Regen bringt auch Erleichterung im Wassermangel-Problem.

Die Osterwoche, welche auf Spanisch «Semana Santa» (Heilige Woche) genannt wird, ist immer eine spezielle Zeit. Es werden viele religiöse Aktivitäten durchgeführt und eine davon sind die sehr künstlerischen «Alfombras». Das sind Strassenteppiche, welche meistens aus bunten Sägespänen mit grosser Sorgfalt und Geduld hergestellt werden. Beschmückt werden sie mit Palmenblättern, Rosen und anderen Pflanzen. Die Tradition repräsentiert den Einzug von Jesus in Jerusalem und die Teppiche werden in verschiedenen Städten in Honduras, aber auch in anderen, zentralamerikanischen Ländern gestaltet. Es sind oft künstlerische Wunderwerke, die eine enorme Genauigkeit und Geduldsaufgabe erfordern.

Quelle: https://www.laprensa.hn/binrepository/680×510/0c62/680d387/none/11004/COUF/alfombra200_LP1164571_MG71901561.jpg

Neben den «Alfombras» ist ein Strandbesuch eine weitere Tradition der Semana Santa. Viele Familien und Freunde gehen gemeinsam an den Strand oder zumindest an einen Fluss / Schwimmbad, um einen unbeschwerlichen Tag zu verbringen. Und als typisches Gericht wird der «Pescado Frito» (frittierter Fisch) gegessen.

Quelle: https://stnhn.com/wp-content/uploads/2021/04/mojarra-frita-con-tajadas-estilo-hondureno-foto-principal-650×460.jpg

Es ist schön zu sehen, dass die Semana Santa für viele Honduranerinnen und Honduraner eine gemütliche Woche ist, in welcher sie die Alltagssorgen für einen Moment hinter sich lassen können.

Eine weitere erfreuliche Neuigkeit kommt vom Bildungssektor. Je länger je mehr wird von Seitens der Regierung Druck gemacht, dass die Schulen ganz geöffnet werden. Hier im Dorf wurde angekündigt, dass ab Mai die Kinder endlich wieder jeden Tag in die Schule gehen und einen geregelten Schulalltag beginnen können. Die Freude über diese Neuigkeit ist bei den Kindern gross! Wie sie es doch vermisst haben, jeden Tag in die Schule gehen zu dürfen!

Nach einem erfolgreichen Kleiderbazar, welche von der Jugendgruppe in der Bibliothek durchgeführt worden ist, konnte ein kleines Taschengeld für die Bibliothek gesammelt werden. Die Idee dahinter ist, dass die Jugendliche lernen mit Geld umzugehen. Und diese Woche konnte dann eine Aktivität freier Wahl mit ihnen durchgeführt werden. Die Entscheidung über das Programm war schnell klar: Kinobesuch 😊 So gingen wir diese Woche mit ihnen ins Kino, wo sie einen lustigen Nachmittag verbrachten und gleichzeitig sich bewusst geworden sind, wie mit den Kosten des täglichen Lebens umgegangen wird.

Hier im Blog wird eine kleine Pause eingelegt und ihr werdet im Juli wieder etwas von mir hören 😊

1. April – Das tägliche Leben in Honduras

Das Thema um den Ex-Präsidenten Juan Orlando Hernández und sein Auslieferungsgesuch war im Monat März weiterhin sehr präsent. Auch die Tatsache, dass er weiterhin sehr mächtig ist und viele einflussreiche Freunde hat, konnten ihn nicht vor der Auslieferung und der Entscheidung der USA schützen. Es steht also fest: Er wird an die USA ausgeliefert! Für viele Honduraner und Honduranerinnen ist dies eine sehr freudige Nachricht!

Die momentane, neue Präsidentin Xiomara Castro und ihr Team haben es nicht leicht im neuen Amt. Es fehlt viel Geld, ein enormer Schuldenberg ist vorhanden – und doch werden viele Verbesserungen versprochen. Die Angst von vielen Honduranerinnen und Honduraner ist, dass diese erste Zeit im Präsidentenamt zwar vielversprechend ist, doch wie wird sich die Zukunft zeigen? Schon so viele Präsidenten haben etliche, leere Versprechungen in den ersten Monaten gemacht…

Dass in vielen Sektoren hier in Honduras dringend eine Verbesserung nötig ist, zeigt ein Beispiel vom Nachbardorf. Leider eines unter so vielen: Ein junger Familienvater hat sich bei einem Motorradunfall den Unterschenkel gebrochen, was eine operative Versorgung benötigt. Er wurde in die Notaufnahme des öffentlichen Spitals gebracht, doch dort wurde ihm lediglich erklärt, dass im Moment keine Kapazität für eine solche Operation besteht (!). Der junge Familienvater hatte zwei Optionen: Entweder er wartet ca. einen Monat, bis er einen Operations-Termin im öffentlichen Spital bekommt oder er bezahlt den Eingriff in einem privaten Spital. Im privaten Spital würde er die Operation sofort erhalten, jedoch ist es viel zu teuer und er kann es sich nicht leisten. Also bleibt ihm nichts anderes übrig, als einen Monat auf die Operation zu warten…

Neben dem Gesundheits- ist auch der Arbeitssektor und die damit verbundenen Rechte der Arbeiter:innen sehr besorgniserregend. Meine Nachbarin, eine vierfache Mutter, hat mich letzte Woche angerufen und gebeten, ihr Geld zu leihen. Dies verwunderte mich, denn sie und ihr Partner arbeiten beide und kommen normalerweise gut über die Runden. Sie erzählte mir, dass der Chef ihres Partners seit einem Monat keinen Lohn auszahlt. Als ich nach dem Grund nachfragte, konnte ich es kaum glauben: Der Chef ist in einem verlängerten Urlaub (zwei Monate!) und hat es anscheinend nicht als nötig empfunden, das Ausbezahlen der Löhne zu delegieren! So erhalten die Arbeiter:innen dieser Firma für zwei Monate keinen Lohn – nur, weil der Chef in den Ferien ist! Die allerwenigsten Familien hier in Honduras können es sich leisten, zwei Monate ohne Lohn über die Runden zu kommen, geschweige eine Familie mit vier Kindern! Doch da die Arbeitssituation so schlecht überwacht ist, machen viele Arbeitgeber, was sie wollen.

Hier in Honduras hat der Sommer und somit die Trockenzeit begonnen. Der damit verbundene Wassermangel in vielen Teilen des Landes stellt ein besorgniserregendes Thema dar. Die Situation in einigen Stadtteilen der Hauptstadt Tegucigalpa ist besonders schlimm: Dort erhalten die Haushalte nur alle zwei Wochen für zwei Stunden Wasser! In diesen zwei Stunden werden alle möglichen Behälter, Fässer, etc. gefüllt, damit Mann / Frau für die nächsten zwei Wochen Wasser haben. Dieses Wasser muss für alles reichen: Zum Kochen, Waschen, Putzen, Duschen, … Und schwierig wird es, wenn alle Familienmitglieder arbeiten und genau in diesen zwei Stunden nicht zu Hause sein können!

Quelle: https://notibomba.com/honduras-represas-del-distrito-central-tienen-agua-para-un-mes/

Das Sprichwort «Geld regiert die Welt» passt auch hier traurigerweise: Ein Bekannter von uns wohnt in der Hauptstadt in einem Luxus-Hochhaus, in welchem das Wasser nie fehlt. Wenn Mann / Frau Geld hat, wird ein Tank eingebaut und das Wasser eingekauft.

Dieses Thema der Wasserknappheit war auch bei uns in der Bibliothek ein Thema. Es wurde über die Wichtigkeit des Wassers diskutiert und ebenfalls wurde den Kindern aufgezeigt, von wo das Wasser überhaupt kommt. Das Thema haben wir mit einem Waldspaziergang abgeschlossen, in welchem wir eine Wasserquelle besucht haben. Diese Wasserquelle trägt ein Teil des Wasserreservoirs des Dorfes bei. Die Kinder und Jugendliche haben die Wanderung sehr genossen und waren erstaunt, wie nahe unsere Wasserquelle von uns ist 😊

7. März – Das tägliche Leben in Honduras

Der Monat Februar war bestimmt von einem grossen Ereignis: Der Ex-Präsident Juan Orlando Hernández, welcher bis Januar dieses Jahres Präsident von Honduras war, wurde in seinem Haus verhaftet. Es besteht ein Auslieferungsgesuch seitens den Vereinigten Staaten. Der Grund für die Auslieferung ist das Mitwirken am Drogenhandel – ein Fakt, welche von vielen nationalen sowie internationalen Medien schon seit längerem bewiesen worden ist. Der Ex-Präsident ist momentan noch in Untersuchungshaft in der Hauptstadt Tegucigalpa und wartet auf die Auslieferung.

Für viele Honduranerinnen und Honduraner war dies eine freudige Nachricht. Es gab viele organisierte Strassenfeste, um dieses Ereignis zu feiern. Jedoch ist auch eine Frustration bei vielen bemerkbar; wieder einmal mehr scheint Gerechtigkeit „nur“ zu gelingen, weil die USA eingreift. Viele fragen sich, wieso der korrupte und so offensichtlich im Drogenhandel involvierte Ex-Präsident nicht in Honduras zur Strafe gezogen wird?

Ein weiteres Thema, welches mich immer wieder zutiefst berührt und traurig macht, ist die Rollenverteilung und damit zusammenhängend die Stellung der Frauen in Honduras. Hier im Dorf kenne ich sehr viele Frauen, welche tagtäglich eine enorme Leistung erbringen. Viele von ihnen arbeiten auswärts und deshalb beginnen sie ihre Tage um 3:30 Uhr morgens, um den Holzherd zu heizen und das Frühstück für die Kinder und Ehemann bereit zu machen. Dann kochen sie noch das Mittagessen für die Kinder vor, um dann zur Arbeit zu gehen. Wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen, warten viele Haushaltsarbeiten wie Kleider waschen (von Hand), Abendessen vorbereiten, oft müssen sie noch Holz suchen gehen, damit der Holzherd am nächsten Morgen eingeheizt werden kann. Viele der Männer verrichten Haushaltsarbeiten nicht; es wurde ihnen seit Kindheit beigebracht, dass dies keine „Männerarbeit“ ist. Der Mann hat die Rolle, Geld nach Hause zu bringen – eine sehr veraltete, aber leider noch sehr aktuelle Sichtweise. Denn hier in Honduras arbeiten viele der Frauen auswärts und verdienen ebenfalls ihr Geld. Doch der ganze Haushalt bleibt an ihnen hängen.

Meine Nachbarin Laura*, welche zweifache Mutter ist, erzählte mir letzte Woche, wie schwierig es für sie im Moment ist: Ihr 18jähriger Sohn hatte vor kurzem einen Motorrad-Unfall und muss für zwei Monate im Bett bleiben. Er arbeitet auf einer Baustelle und trägt 50% zum Haushaltsbudget bei. Die anderen 50% steuert Laura bei. Der Vater der Kinder lebt im gleichen Haushalt, jedoch trägt er nichts zum Haushaltsbudget bei! Der Grund ist anscheinend, dass er viele Schulden hat und er bezahle ja schliesslich Elektrizität (zur Erklärung: auch er arbeitet und verdient sogar mehr als Laura). Die ganzen Kosten für das Essen, Schulmaterial, Kleider, etc. haben bis jetzt meine Nachbarin und ihr älterer Sohn gedeckt. Da ihr Sohn im Moment nicht arbeitsfähig ist und deshalb kein Lohn erhält, bleiben die ganzen Kosten an ihr hängen… Gleichzeitig besteht eine Abhängigkeit ihrem Partner gegenüber: Sie lebt in seinem Haus, auf seinem Grundstück. Zu starke Forderungen oder Erpressung von ihrer Seite würde dazu führen, dass ihr Partner sie vom Haus wegschicken würde. Doch wohin würde sie mit ihren zwei Söhnen gehen? Dies ist (leider) ein häufiger Grund, wieso viele Frauen so viel Ungerechtigkeit aushalten.

Im Februar startet hier in Honduras das Schuljahr. Einige Schulen bieten Präsenzunterricht an, jedoch nur ein bis zwei Mal pro Woche. In den ländlichen Gebieten wie in unserem Dorf geben die Lehrer und Lehrerinnen immer noch „Unterricht“ via Internet. Viele Lehrpersonen haben sich an die Vorteile und Privilegen vom „von-zu-Hause-aus-arbeiten“ gewöhnt und verspüren keine grosse Motivation, zurück ins Klassenzimmer zu gehen. Ein Lehrer erzählte mir, dass er in den letzten zwei Jahren 40‘000 Lempiras (umgerechnet ca. 1‘500 CHF) sparen konnte, da er kein Transport zur Schule und kein Essen auswärts bezahlen musste, sondern von zu Hause aus arbeiten konnte! Bei diesen Ersparnissen ist es nicht verwunderlich, dass gewisse Lehrpersonen keine Eile haben, zurück zu Präsenzunterricht zu wechseln…

Die Kinder hier im Dorf erhalten jeden Montag ein Dossier, welches sie bis Ende Woche per WhatsApp einreichen müssen. Anscheinend sind die Bauarbeiten an der Schule noch nicht fertig, deswegen können sie kein Präsenzunterricht geben – obwohl sie ganze zwei Jahre Zeit gehabt haben, die Schule fertig zu bauen ☹ Und wieder einmal sind es die Kinder und die Bildung, die unter den Konsequenzen leiden…

Unsere Bibliothek läuft munter weiter! Es ist schön zu sehen, wie viele der älteren Kinder mehr Bücher ausleihen und uns dann stolz erzählen kommen, was der Inhalt des Buches ist. Es sind einige neue Ideen für die Bibliothek vorhanden, jedoch warten wir, bis sich das Schulsystem entschieden hat bezüglich Präsenzunterricht oder nicht. Dies sollte Ende März entschieden werden und bis dahin sind wir am Ideen ausbrüten 😊

* Name geändert