27. April – Das tägliche Leben in Honduras

Der Monat März brachte für viele Honduranerinnen und Honduraner eine freudige Nachricht: Der Ex-Präsident von Honduras, Juan Orlando Hernandez, wurde in den USA schuldig gesprochen! Die Dauer der Strafe ist noch nicht festgelegt, doch für viele ist es schon eine “Befriedigung” für die jahrelange, gelebte Korruption unter dem Ex-Präsidenten. Wir sind gespannt auf Juni, voraussichtlich wird dann die Strafe definiert. Die Ehefrau von Juan Orlando betont zwar immer wieder an öffentlichen Zusammenkünften, dass ihr Mann unschuldig sei und geht sogar so weit, dass sie angekündigt hat, sich als Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen vom nächsten Jahr zu stellen. Dies in der gleichen Partei wie ihr Mann; der rechten “Nacional”. Ob das so einfach ist, wird bezweifelt.

Auch die aktuelle Partei, die linke “Libre”, bereitet sich auf die Präsidentschaftswahlen vom nächsten Jahr vor. Eine mögliche Kandidatin könnte wieder eine Frau sein, auch hier sind wir gespannt. In Honduras werden alle vier Jahre ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin gewählt. Eine Wiederwahl ist nämlich gemäss der Verfassung nicht möglich. Wenn man es sich genau überlegt, ist dies eine sehr kurze Zeit, um etwas bewirken zu können. Denn nach drei Jahren Amtszeit wird der Fokus schon wieder auf die nächsten Wahlen gelegt…

Im Monat April gab es viele Waldbrände. Dies ist zwar nichts Neues für diese Jahreszeit, und doch ist es immer wieder traurig zu sehen, wie viele Wälder vom Feuer zerstört werden. Der Auslöser der Waldbrände sind oft die Menschen; leider. Letzte Woche gab es ein grosses Feuer in der Nähe der Hauptstadt, welches die ganze Stadt inklusiv der Nachbargemeinden, so auch uns, in eine grosse Rauchwolke eingebettet hat…

Waldbrand im Nationalpark La Tigra, Tegucigalpa
Quelle: elherlado.hn 

Ein Thema, welches mich ebenfalls immer wieder traurig macht, ist die Gleichstellung von Frau und Mann. Dies zeigt das Beispiel von Johanna (Name geändert), welche im Nachbarsdorf wohnt. Sie ist 14 Jahre jung und besucht die sechste Klasse! Sie hat eine Lernschwäche und da für sie die Möglichkeit fehlt, angepasst begleitet zu werden, wird sie seit einigen Jahren in der sechsten Klasse behaltet. Sie kam regelmässig in die Bibliothek und ist ein sehr fröhliches und kreatives junges Mädchen. Anfang April hat sie mir verkündet, dass sie leider nicht mehr kommen könne, auch die Schule wird sie nicht mehr besuchen. Ich fragte sie nach dem Grund und sie antwortete mir, dass ihre Mutter bald ihr sechstes Kind bekommen wird und da Johanna die älteste ist, wird sie zu Hause den Haushalt führen müssen. Sie erzählte mir, dass sie ja diejenige ist, welche nicht in die Schule gehe und deswegen sei es “normal” für sie, dass sie den Haushalt übernehmen wird. Ich empfand eine grosse Traurigkeit für Johanna; sie passt nicht in das aktuelle Schulsystem rein, ist jedoch so ein spezielles Mädchen, welches mit 14 Jahren bereits erwachsen sein muss und einen Haushalt führen wird… Dies ist leider die Realität von so vielen jungen Mädchen hier.

Letzte Woche habe ich eine Nachbarin getroffen, welche im Mai ihr zweites Kind erhalten wird. Ich habe ihr freudig gratuliert, da ich wusste, wie sehr sie sich ein zweites Kind gewünscht hat. Sie nahm die Gratulation nur zögerlich an und liess mich dann wissen, dass es wieder ein Mädchen sein wird. Ihr erstes Kind ist bereits ein Mädchen und anscheinend wollte ihr Partner unbedingt ein Junge haben. Für mich ist es immer wieder erschreckend, wie sehr die Tatsache, ein Junge zu gebären, hier einen hohen Stellenwert hat!

In der Bibliothek versuchen wir daher immer und immer wieder, den Kindern die Gleichstellung von Frau und Mann nahe zu bringen. Wir haben im März einen erneuten Kunstworkshop durchgeführt, wo die Kinder und Jugendliche gelernt haben, Portraits und Gesichtsausdrücke zu zeichnen. Die kleineren Kinder konnten sich im freien Malen üben und es ist schön zu sehen, wie sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen!

Da das Gemeindezentrum, wo unsere Bibliothek steht, für die nächsten zwei Monaten anders verwendet wird, haben wir unser Spiel- und Bastelnachmittag in den Wald verlegt.😊 Nun gehen wir jeden Donnerstag in den Wald, bauen Hütten, spazieren, nehmen Malsachen oder ein Buch mit und geniessen es. Die Kinder lieben es, sich im Wald frei zu bewegen und so haben wir eine freudige Alternative zur “Raum”-Bibliothek gefunden 😊

2 Gedanken zu „27. April – Das tägliche Leben in Honduras

  1. Weiterhin guten Mut und viel Energie, liebe Miriam, für Deine tolle Arbeit in Honduras! Und immer wieder neue Zuversicht, ohne die wir ja gar nicht leben können. Für mich sind Menschen wie Du Grund zu Hoffnung!
    Meine herzlichsten Wünsche für Dich und Deine Familie!
    Abrazos Christa

  2. Ich denke, deine verständnisvolle Zuwendung hilft der Mutter, sich über die abschätzige Haltung ihres Mannes zu stellen. Er wird einmal zur Besinnung kommen. Das ist wertvolle Entwicklungshilfe im Alltag, die weiter wirken wird.
    Herzlicher Gruss aus Ballwil
    Urs

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