Nach einer längeren Pause bin ich wieder zurück in Honduras und nehme das Schreiben wieder auf😊
Das Jahr 2023 ging mit einer milden Regensaison zu Ende, glücklicherweise gab es keine grossen Schäden wegen des Regens. Auf politischer Ebene ging es weniger mild zu und her. Das grosse Thema ist das momentan laufende Gerichtsverfahren gegen den Ex-Präsidenten Juan Orlando Hernandez in den USA. Er steht in New York wegen Drogenhandels und Verwicklung in bewaffnete Straftaten vor Gericht. Festgenommen und ausgeliefert wurde er bereits kurz nach dem Ende seiner Präsidentschaft im Jahr 2022. Die Gesellschaft ist sehr gespalten bezüglich dieses Themas; die einen stehen hinter ihm und sind empört, dass “ihr” Ex-Präsident so behandelt wird. Die andere Hälfte hofft auf Gerechtigkeit und dass eine gerechte Strafe erteilt wird. Es bleibt also spannend…
Das Thema USA ist auch hier im Alltag sehr präsent; fast wöchentlich vernehme ich, wie sich Familienangehörige von Bekannten auf den Weg in die USA gemacht haben. Als ich letzte Woche beim Früchtestand einkaufen ging, erzählte mir der knapp 14jährige Verkäufer, dass sein Vater sich vor zwei Wochen auf den Weg in die USA gemacht hat, um dort einen besseren Job zu finden. Der Früchtestand hat er seinem Sohn, dem 14jährigen Verkäufer, vererbt. Um am Stand präsent zu sein, musste der Junge die Schule abbrechen und hofft, dass sein Vater bald in den USA ankommt und Arbeit findet. Auch der Sohn unserer Nachbarin, welcher 18 Jahre alt ist, hat mir vor Kurzem erzählt, dass er sich bald auf den Weg “Richtung Norden” machen wird. Oft gehen sie mit einem Freund oder “kaufen” sich ein sogenannter Coyote; quasi ein Expert, der den Weg von Honduras an die amerikanische Grenze gut kennt, überall Kontaktpersonen hat und hilft, über die Grenze zu kommen.
Dass das Leben für Migranten in den USA oft schwer ist, zeigt das Beispiel von Hector (Name geändert). Er bekam letztes Jahr im Juni ein sechs-monatiges Arbeitsvisum für die USA, ist jedoch noch einem Monat vom Arbeitsort weggegangen in einen anderen Staat. Dort hat er gearbeitet, bis er vor einigen Wochen krank geworden ist. Eine Bauch-Hernie erschwert ihm das Leben und eine Operation ist nötig. Da er keine Versicherung hat, kann er sich die Operation nicht leisten und fehlt immer wieder bei der Arbeit. Er möchte eigentlich zurück nach Honduras kommen, doch das ist gar nicht so einfach: Entweder kommt er auf “illegalem” Weg zurück nach Honduras oder er kann das Geld für einen Flug auftreiben. Jedoch kommt dann hinzu, dass sein Visum bereits abgelaufen ist und er sich der Migrations-Polizei stellen müsste. Eine schwierige Situation, welche aufzeigt, dass die Migranten und Migrantinnen oft ein schweres Leben in den USA führen.
Das öffentliche Gesundheitssystem ist nach wie vor überfordert. Meine Nachbarin erzählte mir letztes Mal ihre Erfahrung, wo ich nur kopfschüttelnd zuhören konnte: Da sie an einer Muskelerkrankung leidet, muss sie alle drei Monate ins Spital, um dort ihre Medikamente abzuholen und sich von der Ärztin untersuchen zu lassen. Als sie letztes Mal ging, gab es leider keine Medikamente – sie musste sie selber in die Apotheke kaufen und zahlen gehen. Und als sie vor einer Woche zu ihrem Termin ging, teilte ihr die Sekretärin mit, dass sie heute gar keinen Termin habe. Meine Nachbarin hat ihr den Brief mit dem Datum gezeigt und hat als Antwort erhalten: “Tut mir leid, es ist leider vergessen worden, ihr Termin in unserer Agenda zu notieren. Somit können Sie ihren Termin nicht wahrnehmen.” Und dies, nachdem sie 4 Stunden gewartet hat und mit Müh und Not das Geld für den Transport ins Spital zusammengebracht hat. So muss sie wieder drei Monate warten, bis sie ihren Termin (hoffentlich) wahrnehmen kann.
Mit so vielen schwierigen Themen rundherum, freut es mich immer mehr, dass wir mit unserer Bibliothek eine “Insel” für die Kinder aufbauen konnten. In den Monaten Dezember und Januar konnten die Kinder an einem Ferienkurs teilnehmen, wo auf spielerische Weise Mathematik und Spanisch geübt wurde. So waren sie bestens vorbereitet, als diesen Monat die Schule wieder begonnen hat. Erfreulicherweise hat es nun einen Lehrer mehr an der Schule 😊 Dies ist ein grosser Schritt, nun hat jeder Lehrer zwei Klassen und nicht mehr (wie vorher) drei.
Ab diesem Monat geniessen die Kinder wieder den Donnerstag-Nachmittag mit Spielen und Basteln. Und das Kreativ-Projekt wird ab März einmal pro Monat weitergeführt; jeden Monat wird es einen Workshop geben, entweder mit etwas Kreativem verbunden oder einen Waldtag 😊
Liebe Miriam,
wunderschön wieder von Dir zu hören, von Deinen Begegnungen mit Menschen, die Du triffst und die Dir von ihren Problemen erzählen, die ihren Alltag prägen und „farbige Müsterchen“ sind für tieferliegende schwere Probleme und Missstände. Umso wertvoller Deine tollen Projekte, die lebendige Beispiele sind für mögliche Hilfe zur Selbsthilfe im Hier und Jetzt, dort wo Du mit Deinem Können und Deinem Herzen wirkst.
Dir, Deiner Familie, Deiner Arbeit stets das Allerbeste – con un fuerte abrazo Christa
Liebe Mirjam
Vielen Dank, dass du uns wieder mit Honduras verbindest.
Die Kinder werden dir für die Erlebnisse auf deiner Insel ein Leben lang dankbar sein.
Mit herzlichen Grüssen von HERMANOS Ballwil
Liebe Mirjam
Danke für diesen eindrücklichen Bericht.
Schön, dass es solche Menschen gibt wie dich!
E Gruess us Willisau
Esther