Der Monat Februar war bestimmt von einem grossen Ereignis: Der Ex-Präsident Juan Orlando Hernández, welcher bis Januar dieses Jahres Präsident von Honduras war, wurde in seinem Haus verhaftet. Es besteht ein Auslieferungsgesuch seitens den Vereinigten Staaten. Der Grund für die Auslieferung ist das Mitwirken am Drogenhandel – ein Fakt, welche von vielen nationalen sowie internationalen Medien schon seit längerem bewiesen worden ist. Der Ex-Präsident ist momentan noch in Untersuchungshaft in der Hauptstadt Tegucigalpa und wartet auf die Auslieferung.
Für viele Honduranerinnen und Honduraner war dies eine freudige Nachricht. Es gab viele organisierte Strassenfeste, um dieses Ereignis zu feiern. Jedoch ist auch eine Frustration bei vielen bemerkbar; wieder einmal mehr scheint Gerechtigkeit „nur“ zu gelingen, weil die USA eingreift. Viele fragen sich, wieso der korrupte und so offensichtlich im Drogenhandel involvierte Ex-Präsident nicht in Honduras zur Strafe gezogen wird?
Ein weiteres Thema, welches mich immer wieder zutiefst berührt und traurig macht, ist die Rollenverteilung und damit zusammenhängend die Stellung der Frauen in Honduras. Hier im Dorf kenne ich sehr viele Frauen, welche tagtäglich eine enorme Leistung erbringen. Viele von ihnen arbeiten auswärts und deshalb beginnen sie ihre Tage um 3:30 Uhr morgens, um den Holzherd zu heizen und das Frühstück für die Kinder und Ehemann bereit zu machen. Dann kochen sie noch das Mittagessen für die Kinder vor, um dann zur Arbeit zu gehen. Wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen, warten viele Haushaltsarbeiten wie Kleider waschen (von Hand), Abendessen vorbereiten, oft müssen sie noch Holz suchen gehen, damit der Holzherd am nächsten Morgen eingeheizt werden kann. Viele der Männer verrichten Haushaltsarbeiten nicht; es wurde ihnen seit Kindheit beigebracht, dass dies keine „Männerarbeit“ ist. Der Mann hat die Rolle, Geld nach Hause zu bringen – eine sehr veraltete, aber leider noch sehr aktuelle Sichtweise. Denn hier in Honduras arbeiten viele der Frauen auswärts und verdienen ebenfalls ihr Geld. Doch der ganze Haushalt bleibt an ihnen hängen.
Meine Nachbarin Laura*, welche zweifache Mutter ist, erzählte mir letzte Woche, wie schwierig es für sie im Moment ist: Ihr 18jähriger Sohn hatte vor kurzem einen Motorrad-Unfall und muss für zwei Monate im Bett bleiben. Er arbeitet auf einer Baustelle und trägt 50% zum Haushaltsbudget bei. Die anderen 50% steuert Laura bei. Der Vater der Kinder lebt im gleichen Haushalt, jedoch trägt er nichts zum Haushaltsbudget bei! Der Grund ist anscheinend, dass er viele Schulden hat und er bezahle ja schliesslich Elektrizität (zur Erklärung: auch er arbeitet und verdient sogar mehr als Laura). Die ganzen Kosten für das Essen, Schulmaterial, Kleider, etc. haben bis jetzt meine Nachbarin und ihr älterer Sohn gedeckt. Da ihr Sohn im Moment nicht arbeitsfähig ist und deshalb kein Lohn erhält, bleiben die ganzen Kosten an ihr hängen… Gleichzeitig besteht eine Abhängigkeit ihrem Partner gegenüber: Sie lebt in seinem Haus, auf seinem Grundstück. Zu starke Forderungen oder Erpressung von ihrer Seite würde dazu führen, dass ihr Partner sie vom Haus wegschicken würde. Doch wohin würde sie mit ihren zwei Söhnen gehen? Dies ist (leider) ein häufiger Grund, wieso viele Frauen so viel Ungerechtigkeit aushalten.
Im Februar startet hier in Honduras das Schuljahr. Einige Schulen bieten Präsenzunterricht an, jedoch nur ein bis zwei Mal pro Woche. In den ländlichen Gebieten wie in unserem Dorf geben die Lehrer und Lehrerinnen immer noch „Unterricht“ via Internet. Viele Lehrpersonen haben sich an die Vorteile und Privilegen vom „von-zu-Hause-aus-arbeiten“ gewöhnt und verspüren keine grosse Motivation, zurück ins Klassenzimmer zu gehen. Ein Lehrer erzählte mir, dass er in den letzten zwei Jahren 40‘000 Lempiras (umgerechnet ca. 1‘500 CHF) sparen konnte, da er kein Transport zur Schule und kein Essen auswärts bezahlen musste, sondern von zu Hause aus arbeiten konnte! Bei diesen Ersparnissen ist es nicht verwunderlich, dass gewisse Lehrpersonen keine Eile haben, zurück zu Präsenzunterricht zu wechseln…
Die Kinder hier im Dorf erhalten jeden Montag ein Dossier, welches sie bis Ende Woche per WhatsApp einreichen müssen. Anscheinend sind die Bauarbeiten an der Schule noch nicht fertig, deswegen können sie kein Präsenzunterricht geben – obwohl sie ganze zwei Jahre Zeit gehabt haben, die Schule fertig zu bauen ☹ Und wieder einmal sind es die Kinder und die Bildung, die unter den Konsequenzen leiden…
Unsere Bibliothek läuft munter weiter! Es ist schön zu sehen, wie viele der älteren Kinder mehr Bücher ausleihen und uns dann stolz erzählen kommen, was der Inhalt des Buches ist. Es sind einige neue Ideen für die Bibliothek vorhanden, jedoch warten wir, bis sich das Schulsystem entschieden hat bezüglich Präsenzunterricht oder nicht. Dies sollte Ende März entschieden werden und bis dahin sind wir am Ideen ausbrüten 😊
* Name geändert
Weiter viel guten Mut, liebe Miriam! Gesellschaftliche Veränderungen sind meist extrem langsam, oft zum Verzweifeln. Aber dran bleiben, so wie Du das tust, und die kleinen Veränderungsfunken sehen, unterstützen, Dich daran freuen!
Abrazos Christa